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Axel Anklam

*1971 in Wriezen
Lebt und arbeitet in Berlin und Bad Freienwalde

Windsbraut 3/3, 2016/17



Axel Anklam studierte von 1998 bis 2002 an der Hochschule Burg Giebichenstein in Halle und von 2000 bis 2005 an der Universität der Künste in Berlin - zuletzt als Meisterschüler von Tony Cragg. In der Kunst geht es ihm um Poesie und Einfühlung und darum, dem Betrachter durch die Mittel der Abstraktion eine andere Welt zu eröffnen. Sein Ziel ist es, über das Sichtbarmachen von abstrakten Körpern, Verhältnissen und Stimmungen einen ähnlich subtil wirkenden Effekt zu erreichen, wie es der Musik gelingt. Dabei entwickeln sich seine Skulpturen ebenso wie die Musik über die Zeit. Sie fordern ein, dass sie über eine längere Dauer aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden und man mit dem Auge ihren konkaven und konvexen Wölbungen folgt. Der Künstler nutzt bei seinen Werken im Außenraum auch das Licht als Gestaltungsmittel; je nach Tageszeit und Wetter verändert sich nicht nur das Lichtspiel auf dem Kunstwerk, sondern auch sein Schattenwurf. Bei der „Windsbraut“, die aus doppelwandigem Edelstahl-Drahtgeflecht hergestellt ist, strömt das Sonnenlicht sogar durch das Drahtnetz in das Innere und durch die Skulptur hindurch und löst bei entsprechenden Lichtverhältnissen die Gegensätze von Innen- und Außenraum auf.

Die monumentale, vertikal nach oben strebende Arbeit vermittelt eine ihrer Materialität entgegenstehende Leichtigkeit und erscheint wie ein im Wind flatterndes Tuch.
Axel Anklam

Der rumänisch-französische Künstler Constantin Brâncuși (1876–1957) und der Brite Henry Moore (1898–1986) gelten in der europäischen Kunstgeschichte als Pioniere der abstrakten Skulptur. In Westdeutschland trat die abstrakte Kunst vor allem in den zwei Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg – nicht zuletzt als ideologischer Gegenpol zu der von Nationalsozialismus und Kommunismus bevorzugten Figuration – in den Vordergrund und wurde in der Bildhauerei durch großformatige Kunst im öffentlichen Raum für ein breites Publikum sichtbar. Die im Werk Anklams so anschaulich vermittelte und empfundene Auflösung von Innen und Außen und die bildhauerische Auseinandersetzung mit Immaterialität und Transparenz finden ihren Vorläufer im Konstruktivismus. So strebten Künstlerwie Naum Gabo (1890-1977) und Antoine Pevsner (1884-1962) auch durch die Verwendung von neuen Materialien wie Plexiglas, Zelluloid und Kunststoff danach, in ihren Skulpturen traditionelle Ansichten über Form und Raum neu zu definieren.

Die „Windsbraut“ gehört zu einer Werkgruppe, die ihre Inspiration zudem in der Antike findet. In Anlehnung an die Baumeister der griechischen Antike und deren physikalische und musiktheoretische Harmonielehre verwendet Anklam zur Konstruktion dieser Skulpturen das Monochord, einen länglichen Resonanzkasten, über den er der Länge nach insgesamt 16 Saiten gespannt hat. Die Stege unter den Saiten können bewegt und somit variierende Teilungsverhältnisse hergestellt werden, aus denen sich unterschiedliche Konsonanzen oder Dissonanzen ergeben. Das Bewegen der Stege ermöglicht es Anklam, seine Skulpturen wie eine Melodie zu „komponieren“. Die Grundstruktur der „Windsbraut“ lässt sich auf zwei Ringformen zurückverfolgen, deren jeweilige Knickpunkte auf die entsprechenden Teilungsverhältnisse der Komposition zurückzuführen sind.

Die komplexe Geometrie ist also nicht Ausdruck eines spontanen, subjektiven Empfindens, sondern ergibt sich aus der Logik eines festgelegten Prinzips.

Mit diesem Werkprozess nähert sich Anklam der konkreten Kunst an, der mathematisch-geometrische Ordnungen zugrunde liegen – im Gegensatz zu der Abstraktion, die sich etwas in der Realität Vorhandenes zum Ausgangspunkt nimmt. In seinen von der handwerklichen Perfektion des gelernten Kunstschmiedes geprägten Kunstwerken gelingt es dem Künstler, der neben Edelstahl, Epoxid und Carbon auch mit Latex und Fiberglas arbeitet, einen festen Körper als schwer und leicht zugleich erscheinen zu lassen und ein Gefühl für die grenzenlose Vielfalt seiner Erscheinungen zu vermitteln.

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